Impuls zum 2. Advent – Friedenslicht

2. Advent - Friedenslicht

2. Advent – Friedenslicht

Ihr alle kennt das Buch: „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“. Jim und Lukas suchen die verschleppte Prinzessin Li Si. Sie wissen nur, dass der böse Drache Frau Mahlzahn Li Si und andere Kinder in der Drachenstadt gefangen hält. Mutig machen die beiden sich mit ihrer Lok Emma auf den Weg. Sie überstehen viele gefährliche Abenteuer. Endlich gelangen sie in die düstere Drachenstadt. Sie kämpfen mit dem Drachen und können das Untier tatsächlich überwältigen und fesseln.

Ihr alle kennt das Buch: „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“. Jim und Lukas suchen die verschleppte Prinzessin Li Si. Sie wissen nur, dass der böse Drache Frau Mahlzahn Li Si und andere Kinder in der Drachenstadt gefangen hält. Mutig machen die beiden sich mit ihrer Lok Emma auf den Weg. Sie überstehen viele gefährliche Abenteuer. Endlich gelangen sie in die düstere Drachenstadt. Sie kämpfen mit dem Drachen und können das Untier tatsächlich überwältigen und fesseln.

Vielleicht denkt ihr: Warum bringen sie den Drachen nicht einfach um? Dann kann er doch niemandem mehr schaden! Und eine riesen Wut haben sie sowieso auf ihn. Aber da kennt ihr Lukas schlecht. Er will sich nicht an einem wehrlosen Gegner rächen. Und so nehmen sie den Drachen mit und sperren ihn in ein altes Elefantenhaus. Hört mal, was da passiert:

„Na, was gibt‘s denn?“, fragte Lukas. Seine Stimme klang unwillkürlich ein wenig freundlicher, als er beabsichtigt hatte. Der Drache antwortete nicht, rührte sich auch nicht, stattdessen geschah etwas sehr Merkwürdiges. Es war nämlich, als liefe plötzlich von der Spitze der Schnauze über den ganzen riesigen Leib bis zum Schwanzende ein goldener Schimmer. „Hast du das gesehen?“, flüsterte Lukas, und Jim antwortete ebenso leise: „Ja, was kann er nur haben?“ Jetzt öffnete der Drache langsam seine kleinen Augen, die aber nicht mehr wie früher tückisch funkelten, sondern nur noch sehr, sehr müde aussahen. „Danke, dass ihr gekommen seid“, murmelte der Drache mit schwacher Stimme. „Verzeiht, aber ich kann nicht mehr lauter sprechen. Ich bin so schrecklich müde – so schrecklich müde.“ „Sagen Sie, Frau Mahlzahn, Sie werden doch nicht sterben?“ „Nein“, antwortete der Drache. „Es geht mir ganz gut, macht euch keine Sorgen um mich. Ich habe euch nur rufen lassen, um mich bei euch zu bedanken.“
„Wofür denn?“, fragte Lukas, zum ersten Mal genauso verblüfft wie Jim, der vor Staunen wieder mal kugelrunde Augen bekam. „Dafür, dass ihr mich überwunden habt, ohne mich zu töten. Wer einen Drachen überwinden kann, ohne ihn umzubringen, der hilft ihm, sich zu verwandeln. Niemand, der böse ist, ist dabei besonders glücklich, müsst ihr wissen. Und wir Drachen sind eigentlich nur so böse, damit jemand kommt und uns besiegt. Leider werden wir allerdings dabei meistens, umgebracht. Aber wenn das nicht der Fall ist, so wie bei euch und mir, dann geschieht etwas sehr Wunderbares.“
Der Drache schloss die Augen und schwieg eine Welle, und wieder lief dieser merkwürdige goldene Schimmer über seinen Leib. Lukas und Jim warteten stumm, bis er seine Augen wieder öffnete und mit noch matterer Stimme fortfuhr: „Wir Drachen wissen sehr viel. Aber solange wir nicht überwunden worden sind, fangen wir damit nur Arges an. Ihr habt es ja gesehen. Wenn wir aber verwandelt sind, dann heißen wir ‚Goldener Drache der Weisheit‘, und man kann uns alles fragen, wir wissen alle Geheimnisse und lösen alle Rätsel. Aber das kommt alle tausend Jahre nur einmal vor, weil eben die meisten von uns getötet werden, ehe es zur Verwandlung kommt.“
Wieder schwieg der Drache, und zum dritten Mal huschte der goldene Schimmer über ihn hin. Aber diesmal war es, als bliebe eine winzige Spur des Goldes an seinen Schuppen hängen, nur so viel wie der Hauch von Glanz, den man an den Fingern behält, wenn man einen Schmetterling berührt hat.
Es dauerte ziemlich lange, bis er wieder seine Augen aufschlug und kaum noch hörbar weitersprach: „Das Wasser des Gelben Flusses, in dem ich geschwommen bin, hat mein Feuer ausgelöscht. Jetzt bin ich sterbensmüde. Wenn der goldene Schimmer das nächste Mal über mich gehen wird, werde ich in einen tiefen Schlaf versinken, und es wird aussehen, als wäre ich tot. Aber ich werde nicht sterben. Nach einem Jahr, von dieser Stunde an, werde ich aufwachen und ein ‚Goldener Drache der Weisheit‘ sein. Dann kommt zu mir, und ich werde alle Fragen beantworten. Denn ihr beide seid meine Herren, und was ihr mir befehlt, werde ich tun. Um euch aber meine Dankbarkeit zu beweisen, möchte ich euch schon jetzt einen Gefallen tun.“

Und der Drache gibt Jim und Lukas einen Rat. Der klingt jedoch sehr rätselhaft. Aber dann zeigt sich: Er hat die Wahrheit gesagt. Jim und Lukas müssen noch viele Abenteuer bestehen. Am Ende geht alles gut aus. Und der Drache erscheint in goldenem Glanz.

Michael Ende

Eine Kerze am Adventskranz. Das Licht der Kerze verändert den Raum. So ist es auch mit uns Menschen. Wenn du sie in einem anderen Licht betrachtest, siehst du andere Seiten an ihnen. Du erkennst: Auch der, der dir Böses getan hat, ist nicht nur schlecht. Das ist der erste Schritt zur Versöhnung. So fängt Friede an.

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